Neues mit Altem

Wer kennt es nicht …
Das schwarze gepunktete Viereck, überall ist es zu sehen. Einzahlungsscheine, Werbung, das Covid-Zertifikat usw. – den QR-Code!
Überall wo das Auge hinsieht. Es ist etwas Neues und doch …

Ist es wirklich „Neu“? Ist es alt und nur visuell neu in den Fokus gestellt? Oder ist es gemacht, weil wir in einer schnell lebenden Zeit leben und unsere kostbare Zeit anders nutzen wollen?

Um ehrlich zu sein, ist es nichts Neues. Zumindest nicht für mich und vor allem nicht für diejenigen, welche Kampfsport wie Karate trainieren.

QR = steht für Quick Response (schnelle Antwort)

Als ich neulich in meinem Dojo  Kusuikan, dem Honbu-Dojo von SKAI-Switzerland, Training gab und wieder einmal auf viele Wiederholungen setzte, fragte mich ein Schüler, weshalb wir so oft  viele Wiederholungen der Techniken üben?

Nicht dass, das Training einseitig ist, es ist abwechslungsreich, aber der Grundfokus bleibt, die Disziplin und Tradition des Karate-Do zu wahren sowie technische Exzellenz und den Geist zu trainieren. Es gibt im Karate keine Abkürzung!

Es gäbe viele Antworten auf die Frage des Schülers. Meine Antwort war – „sieh es wie einen QR-Code!“

Wir trainieren die Techniken, Bewegungsabläufe tausende Male, wir stärken Mut und formen die Courage um fähig zu sein, die Angst zu überwinden. Den Hochmut ersetzen wir mit Demut. Wachsamkeit und Konzentration mit gebündelter Kraft bringen wir in einem kurzen Moment auf den einzelnen magischen Punkt, dem Kime.

Wir trainieren, bis alles in Fleisch und Blut übergegangen ist, eine Reaktion ohne lange nachdenken zu müssen.
Eine Reaktion die keine Fehler mehr kennt, die aus sich heraus erfolgt, denn der Code stimmt.
Man muss nicht lange eine Adresse eintippen, sondern „einfach scannen“ und die Antwort ist da, ohne erst zu überlegen.
Alles erfolgt automatisch, das entspricht dem intuitiven Tun im Karate. Wer das im Karate übt, lernt es für Extremsituationen überall. Beim Autofahren oder wenn ein Glas zu Boden fällt und man es in der Luft greift. Wenn etwas vom Tisch fällt und wir blitzschnell die Beine zusammenschlagen. Oder wenn ein Kind zu ertrinken droht und man intuitiv das Richtige tut.

All das üben wir im Karate. Wir üben es in vielen Wiederholungen, bis es „zu uns gehört“, untrennbar mit uns verbunden ist. Wir üben es in der Grundschule (Kihon) und in den Formen (Kata) sowie dann unter Stress im freien Kampf (Kumite).

Das ist das ganze Geheimnis des Karate.

So können wir einen Zweikampf mit Sen no Sen oder noch besser mit
Sen Sen no Sen gewinnen.

Nun, das wirklich Neue ist die heutige Geschwindigkeit in der wir leben. Ein QR-Code ist in maximal 5 Minuten erstellt. Die Zeit bis wir unseren geistigen und mentalen Code auf dem Weg des Karate-Do erstellt haben, dauert Jahrzehnte, verbunden mit vielen schweisstreibenden
Trainings und tausendfachen Wiederholungen.

Ich möchte an dieser Stelle keinen entmutigen, vielmehr motivieren, denn mit jeder Kyuprüfung oder Danprüfung , mit jeder Gürtelfarbe die sich ändert, erstellen wir immer wieder neue Codes. Wir verbessern diesen immer und immer wieder, bis er fehlerfrei ist. Das ist gemeint, mit Jahrzehnte langem Training und vielen Wiederholungen.

Eurer
Rolf

 


© Beitrag von Rolf Oppenberg